Rexingen - mein Ort

Nachfolgende 22 Stationen führen vom Rexinger Ortskern im Unterdorf hinaus zum jüdischen Friedhof, der idyllisch im Wald gelegen ist. Zurück geht der Weg ins Oberdorf vorbei am Rathaus, um dann durchs Mitteldorf entlang der Bergstraße wieder zurück ins Tal zum Ausgangspunkt zu gelangen.

Parkmöglichkeit: In der Freudenstädter Straße im Schulhof oder in der Kirchstraße neben der katholischen Kirche St. Johannes Baptist  

1. Station: Ehemalige Synagoge, Freudenstädter Straße 16

Die frühesten Aufzeichnungen über jüdische Einwohner in Rexingen datieren aus dem Jahr 1516. Im 19. Jahrhundert stieg die Bevölkerungszahl der Juden stark an, so dass die erste Synagoge aus dem 18. Jahrhundert zu klein wurde. Zur Zeit der Einweihung des neuen großen Gotteshauses im Jahr 1837 war das Zahlenverhältnis der jüdischen zu den katholischen Einwohnern 380 zu 1070, betrug also ca. 35%. 100 Jahre lang war die Synagoge der Mittelpunkt der jüdischen Gemeinde, bis sie in der Pogromnacht am 9. November 1938 im Innern verwüstet wurde. Das Gebäude diente während der Nazizeit als Lager der Waffenfabrik Mauser in Oberndorf. Heute gehört die Ehemalige Synagoge der Stadt Horb und ist Gedenkstätte und seit 1952 evangelische Kirche.

2. Station: Blick auf das „Denkmal“

Wendet man sich vor der Ehemaligen Synagoge nach Süden, sieht man ein großes Metallkreuz auf einem Steinsockel am Waldrand. 1933 ließ der neu ernannte NSDAP-Bürgermeister Schwörer dort eine Terrasse mit einem 6 m hohen Steinsockel errichten Darauf wurde ein 1,5 m hohes Hakenkreuz angebracht. Es erhob sich über das gesamte Dorf und war besonders gut von der Synagoge aus zu sehen. Als Bauwerk war es in der ganzen Region einmalig. In den Nachkriegsjahren wurde das Hakenkreuz durch ein großes Holzkreuz ersetzt. Im Jahr 2000 renovierte man die Plattform und den Steinsockel und setzte an die Stelle des Holzkreuzes ein Metallkreuz.

3. Station: Vogteihaus der Johanniter Kirchstraße 5

Viele jüdische Familien wohnten rund um die Synagoge. Den ersten Juden, die nach Rexingen kamen, wurde von der Ortsherrschaft, der Johanniterkommende Hemmendorf-Rexingen Wohnraum im so genannten Vogteihaus zugewiesen. Danach war es lange im Besitz der jüdischen Familien Fröhlich und Hirschfelder. Der Anbau für das Café und die Bäckerei wurde erst später angefügt.

4. Station: Blick ins Tal auf den „Schöller“ Kapfstraße 16

Im unterhalb liegenden Ortsteil „Schöller“, am Lochbrunnen-Bach gelegen, lag am Rand, zum Wald hin, das Anwesen der Familie Pressburger, das heute größtenteils abgerissen ist. Max Pressburger und seine Frau Pauline gehörten zu den wenigen Rexinger Juden, die neben dem Viehhandel auch noch eine größere Landwirtschaft betrieben. Sie hatten Äcker und Wiesen auf der Höhe und beschäftigten christliche Arbeitskräfte. Max Pressburger ist auf dem jüdischen Friedhof begraben, seine Frau wurde deportiert, seine Kinder emigrierten in die USA und nach Palästina.

5. Station: Die Quellen des Lochbrunnens Kapfstraße 24

Links unterhalb der Straße entspringen drei Quellen. Für die jüdische Gemeinde war das der traditionelle Platz für das „Chometz-Feuer“, in dem man vor Pessach symbolisch Brotreste verbrannte. An Pessach durfte sich nur noch ungesäuertes Brot, „Mazzen“, in den Häusern befinden und gegessen werden. Die Quellen dienten auch den Friedhofsbesuchern zur rituellen Reinigung der Hände nach dem Aufenthalt bei den Gräbern.

6. Station: Buche vor dem jüdischen Friedhof

Links, nicht weit vor dem Friedhofszaun, steht eine Buche etwas erhöht über der Straße. Am Stamm kann man eine Einritzung aus dem Jahr 1938 erkennen: SL XIV.III38 ALLIAH. Sally Lemberger war gehörte zur ersten Gruppe der Gründer der Genossenschaft Shavei Zion im Norden des damaligen britischen Mandatsgebietes Palästina. Die Auswanderer verließen Rexingen am 14. März 1938 nach einem Abschiedsgottesdienst in der Synagoge. Der Begriff ALLIAH heißt wörtlich „Aufstieg“ und hat auch die Bedeutung von „Heimkehr nach Zion“. Shavei Zion liegt am Mittelmeer und ist heute ein attraktives Dorf mit vielen neuen Häusern und jungen Familien. Noch heute pflegt der Trägerverein Ehemalige Synagoge Rexingen e. V. den Kontakt zwischen Horb-Rexingen und Shavei Zion.

7. Station: Jüdischer Friedhof

Angelegt im Jahr 1760, gehört er mit mehr als 1000 Grabstellen zu den größten jüdischen Friedhöfen in Württemberg. Er wurde viermal erweitert und umfasst heute eine Fläche von 6.400 qm. Alle Gräber sind nach Osten in Richtung Jerusalem ausgerichtet. Im ältesten, östlichen Teil befinden sich die Grabstellen ohne sichtbare Ordnung, ab 1846 sind sie in Reihen angeordnet. Die Kindergräber befinden sich zwischen dem ältesten und dem neueren Teil. Dort war früher der Eingang zum Friedhof. Die Grabsteine sind größtenteils aus regionalem Sandstein und zum Teil schon sehr verwittert. Trotzdem kann man eine große Vielfalt an Schmuckelementen auf den Steinen entdecken, die auf Berufe, rituelle Aufgaben oder besondere Eigenschaften der Gestorbenen hinweisen. Im alten Teil sind die Inschriften in hebräischer Schrift, im mittleren Teil findet man zusätzliche deutsche Inschriften, die dann bei den Gräbern im 20. Jahrhundert überwiegen. Am Platz über dem Gräberfeld befindet sich ein Gedenkstein, der 1948 errichtet wurde. Daneben wurde 1952 Hedwig Schwarz beerdigt, eine der drei Überlebenden der mehr als 120 aus Rexingen deportierten Männer, Frauen und Kindern. Rechts außerhalb des Gräberfeldes wurde 1962 die Urne mit der Asche von Dr. Edmund Fließ beigesetzt. Der Zahnarzt aus Hamburg überlebte die Shoa in Rexingen, vor der Deportation geschützt durch seine nichtjüdische Ehefrau. Das letzte Grab im Gräberfeld gehört dem Remigranten aus den USA, Hermann Lemberger, der 1961 in Rottweil starb. Sein Schwiegersohn Josef Eberle, auch bekannt Sebastian Blau, hat ihm und allen jüdischen Verfolgten und Ermordeten zu Ehren ein Gedicht geschrieben, das am Grab angebracht ist.

8. Station: Stolpersteine vor dem Haus von Sigmund und Berta Gideon Kirchstraße 25

Der Viehhändler Sigmund Gideon und seine Frau Berta geb. Schwarz wurden 1942 nach Theresienstadt deportiert und in Treblinka ermordet. Der Sohn Hermann Gideon und die Tochter Käthe Lemberger verließen im März 1938 Rexingen mit der ersten Gruppe und gründeten im Mai 1938 das „schwäbische Dorf“ Shavei Zion in Palästina, heute im Norden von Israel.

9. Station: Haus von Hermann und Sarah Lemberger Kirchstraße 27

Der Viehhändler Hermann Lemberger floh im März 1939 mit seiner Frau und seiner Tochter Liesel in die USA, wo sich schon die ältere Tochter Käthe befand. Die dritte Tochter Else war mit dem Stuttgarter Journalisten und Schriftsteller Josef Eberle verheiratet. Wegen seiner antinazistischen Einstellung wurde er 1933 verhaftet und für einige Zeit im Konzentrationslager Heuberg inhaftiert. Beim Stuttgarter Südfunk durfte er nicht mehr arbeiten und zog nach Rexingen ins Haus seiner Schwiegereltern, wo er viele seiner berühmt gewordenen schwäbischen Gedichte schrieb, die unter dem Pseudonym Sebastian Blau veröffentlicht wurden. Nach dem Krieg wurde er Herausgeber der „Stuttgarter Zeitung“ .Er schrieb ein lateinisches Epitaph für seinen Schwiegervater Hermann Lemberger, das in deutscher Übersetzung an dessen Grab am Ende des Gräberfeldes angebracht ist.

10. Station: Rathaus Freudenstädter Straße 50

Es wurde 1897 erbaut. Die jüdische Gemeinde stiftete den Bauplatz aus eigener Tasche, denn im alten Rat- und Schulhaus sollte auch die jüdische Schule untergebracht werden, so dass ein Rathaus-Neubau notwendig wurde. 1933 wurde der Bürgermeister Hermann Kinkele als „Judenfreund und Pazifist“ abgesetzt und der Gemeinderat ausgewechselt. Die jüdischen Ratsherren mussten zurücktreten. Ein junger, überzeugter Nazi wurde Bürgermeister von Rexingen und begann, die jüdischen Familien systematisch zu schikanieren und auszugrenzen.

11. Station: Wohnhaus und Stallungen der Pferdehandlung Pressburger Freudenstädter Str. 50 und gegenüber 45

Bis in die 1920er Jahre befand sich hier die renommierte internationale Pferdehandlung von Sigmund Pressburger. Als er 1927 starb, wanderten seine Kinder nach Amerika aus. Das Anwesen wurde verkauft, die Stallungen gegenüber teilweise zu Wohnhäusern umgebaut.

12. Station: Blick dorfabwärts Freudenstädter Straße

Diese Straße hieß bis 1933 Brühlstraße, „Brühlet“ genannt. Bis 1945 war sie dann die „Adolf-Hitler-Sraße“. Die meisten Häuser auf beiden Seiten waren Anfang des 20. Jahrhunderts in jüdischem Besitz oder von jüdischen Familien bewohnt. Wie es zu dem Spitznamen Rexingens, „Siggesmauchem“, kam, kann man einer Schilderung von Hilde Spatz entnehmen, der Tochter des jüdischen Lehrers Samuel Spatz.  Sie berichtet in ihren Erinnerungen über den allabendlichen stimmungsvollen Anblick der erleuchteten Laubhütten während der Sukkot-Feiertage im Herbst entlang der Brühlet. Zur Laubhütte sagte man in Rexingen statt „Sukka“ „Sigges“ und „mauchem“ ist eine Ableitung des hebräischen Wortes „makom“, für „Ort“ bedeutet.

13. Station: Geburtshaus von Herbert Fröhlich Freudenstädter Str. 31

Der wohl berühmteste Sohn einer jüdischen Familie aus Rexingen ist der 1991 in Liverpool gestorbene Physiker Herbert Fröhlich. Er war ein herausragender Wissenschaftler, der besonders Quantenphysiker international stark beeinflusste. Sein Vater war Rexinger Viehhändler, die Familie zog 1907 nach München. Der hochbegabte Junge studierte Physik in München und promovierte dort schon nach dem zweiten Studienjahr ohne Diplom. Er arbeitete an verschiedenen europäischen Universitäten, floh vor den Nazis nach Russland und wanderte von dort nach England aus. In Liverpool hatte er bis 1973 den Lehrstuhl für theoretische Physik inne. Mit dem Stuttgarter Max-Planck-Institut war er bis an sein Lebensende eng verbunden. Im selben Haus wohnten später auch Hedwig und Louis Schwarz mit ihrer verwitweten Tochter Hilde und dem Enkel Siegfried. Die Stolpersteine vor dem Haus zeugen vom Schicksal der Familie. Die überlebende Hedwig Schwarz ist auf dem jüdischen Friedhof neben dem Mahnmal begraben.

14. Station: Volksschule Freudenstädter Straße 24

Fast 100 Jahre lang unterrichteten katholische und jüdische Lehrer und lernten katholische und jüdische Kinder zusammen unter einem Dach. Nachdem den Juden mit der bürgerlichen Gleichstellung das Recht auf staatlich finanzierte Schulen und beamtete Lehrer zugestanden wurde, gab es zunächst eine Kontroverse in Rexingen, ob und wie diese neue Verordnung umzusetzen wäre. Die jüdische Gemeinde musste Klage beim württembergischen König einreichen, um ihr Recht zu erhalten. Im Gebäude waren bis dahin Rathaus und katholische Schule untergebracht gewesen. Die jüdische Gemeinde bezahlte den Bauplatz für das neue Rathaus und erhielt dafür die Zusicherung, „für alle Zeiten“ im Schulhaus bleiben zu können. 1933 wurde die jüdische Schule zwar nicht geschlossen, musste aber als Privatschule, also auf Kosten der jüdischen Gemeinde weitergeführt werden. Nach der Zerstörung der Synagoge am 9./10. November 1938 durften die jüdischen Kinder auch das Schulhaus nicht mehr betreten. Der Unterricht wurde in privaten Räumen weitergeführt, bis im Dezember 1941 die letzten Kinder deportiert wurden. Auf dem heutigen Schulhof stand das Haus von Max und Auguste Fröhlich. Ihr Sohn Julius gehörte zu den Initiatoren der Gruppenauswanderung 1938 nach Palästina und Gründern von Shavei Zion. Seine Mutter, sein Bruder und seine Schwägerin wurden deportiert. Drei Stolpersteine vor dem Schulhof erinnern an sie.

15. Station: Haus Löwenstein Freudenstädter Str. 22

Das letzte Haus in Rexingen, an dessen rechten Türpfosten noch die Aushöhlung für die Mesusa-Kapsel zu sehen ist. Diese Kapsel, in der sich das auf Pergament geschriebene wichtigste Gebet der Juden, das „Schmah Israel“ (Höre Israel, G’tt ist ein Einziger), befand, war an jedem Haus, in dem Juden wohnten, angebracht. Der Ursprung für diese Tradition liegt im 5. Buch Mose 6,9 und 11,20: „Du sollst [diese Worte] auf die Türpfosten deines Hauses und deiner Stadttore schreiben.“ Beim Eintreten und Verlassen des Hauses würden sich Bewohner und Besucher dieser Worte erinnern und sich beschützt und gesegnet fühlen. Über der Haustür kann man noch hebräische Zeichen erkennen, die sich wohl auf Besitzer und Baujahr beziehen.

16. Station: Das ehemalige Gasthaus Ratsstube Freudenstädter Straße 14

Bis November 1938 befand sich in diesem Gebäude ein jüdisches Gasthaus. Seit 1840 war es in Besitz der Familie Gideon. Bis 1921 hieß es  „Deutscher Kaiser“, danach wurde es in „Ratsstube“ umbenannt, da es der traditionelle Treffpunkt der Rexinger Gemeinderäte nach den Sitzungen war. Das koscher geführte Gasthaus mit Metzgerei war auch für Familienfeste und besonders Hochzeiten sehr beliebt. Im ersten Stock befand sich ein Tanzsaal. Das Gasthaus war auch in der weiteren Umgebung bei Juden und Christen bekannt und hoch geschätzt. 1934 emigrierte die Witwe Hedwig Gideon nach dem frühen Tod ihres Mannes mit ihren Söhnen in die USA. Die Ratsstube wurde noch bis zur Zwangsschließung 1938 vom jüdischen Metzger Leopold Liebmann weitergeführt. Im Haus wurden später Soldaten, dann Kriegsgefangene untergebracht.

17. Station: Die Häuser Weil und Neckarsulmer Bergstraße 5 und 2

18. Station: Gasthaus Rose Ihlinger Straße

19. Station: Wohnhaus Pressburger Johanniter Straße

20. Station: Haus Wälder Johanniter Straße

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